Glossar zur Baubiologie

Die nachfolgenden etwas stärker in die Tiefe gehenden Erläuterungen sind eine Zusammenfassung unserer Artikelreihe zum gesunden Bauen, die wir für das Architekturportal Baunetz-Wissen verfasst haben.

 

Baubiologie – was ist das?

Die Baubiologie, ein mittlerweile etabliertes und interdisziplinäres Fachgebiet, das sich mit den vielfältigen Beziehungen zwischen den Menschen und ihrer Wohn-Umwelt beschäftigt, wurde maßgeblich durch das 1983 von Prof. Anton Schneider gegründete Institut für Baubiologie und Nachhaltigkeit in Rosenheim (IBN) geprägt, dessen Vorläufer Ende der 1960er Jahre in Neubeuern entstanden. In erster Linie will die Baubiologie zu einem positiven und harmonischen Lebensumfeld der Menschen beitragen, beschäftigt sich also u.a. mit soziologischen, ökologischen, architektonischen, bautechnischen und medizinischen Fragestellungen und erst in zweiter Linie mit den Auswirkungen von schädlichen Umwelteinwirkungen, die letztlich auf eine Nichtbeachtung baubiologischer Kriterien zurückgeführt werden.

In Bezug auf Umwelteinwirkungen unterscheidet die Baubiologie zwischen drei großen Bereichen, aus denen Einflüsse auf unseren Organismus wirken können. Diese können grob gruppiert werden in einen elektromagnetischen, einen chemischen und einen biologischen Bereich.

Der häufig erwähnte „Standard der Baubiologischen Messtechnik“, der vom IBN und Fachleuten aus Messtechnik, Analytik und Medizin entwickelt wurde und regelmäßig an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst wird, differenziert in die Bereiche „Felder, Wellen, Strahlung“, „Wohngifte, Schadstoffe, Raumklima“, „Pilze, Bakterien, Allergene“. Dabei orientiert sich die Baubiologie bei der Bewertung von Sachverhalten an den in der ungestörten Natur vorkommenden Verhältnissen und versucht diese nach Möglichkeit auch herzustellen. Sie geht damit also nicht von der Fragestellung aus, ab welcher Intensität einer Umwelteinwirkung diese für den menschlichen Organismus schädlich ist. Vielmehr werden bereits Abweichungen von natürlichen und evolutionär etablierten Verhältnissen als potenziell schädlich eingestuft, die es zu vermeiden oder zumindest weitgehend zu minimieren gilt. Nach dieser Auffassung wurde bereits lange vor Beginn ernsthafter wissenschaftlicher Beschäftigung mit Umweltgiften wie z.B. Asbest oder PCP auf deren Gefährdungspotenzial hingewiesen.

Allmählich scheint sich auch in der gesellschaftlichen Bewertung von chemischen Stoffen ein Paradigmenwechel zu vollziehen. Wurden bis in die jüngere Vergangenheit chemische Stoffe in der Regel ohne Einschränkungen verwendet, sofern nicht deren Schädlichkeit eindeutig nachgewiesen werden konnte, müssen nun Hersteller die Unbedenklichkeit von Stoffen nachweisen, bevor diese in Umlauf gebracht werden dürfen. Dieses Prinzip liegt der so genannten europäischen REACH-Chemikalienverordnung von 2006 zugrunde, aber auch die Gefahrstoffverordnung spricht grundsätzlich vom Minimierungsgebot, d.h. der Umgang mit Gefahrstoffen sollte ausgeschlossen oder, sofern unvermeidbar, zumindest minimiert werden.

Voraussetzung für die baubiologische Bewertung von Umwelteinflüssen ist zum einen die erfassende Messtechnik und zum anderen deren medizinische Einschätzung. Entsprechend der technischen Entwicklung sind bei der baubiologischen Messtechnik in letzter Zeit erhebliche Verfeinerungen möglich gewesen, die v.a. im Mobilfunkbereich mit den dortigen Entwicklungen Schritt halten müssen. Dagegen sind die medizinischen Bewertungen, je jünger die jeweilige Thematik ist, in Diskussion und teilweise von gegensätzlichen Standpunkten beeinflusst. Nicht ohne Grund ist aus der fortlaufenden Spezialisierung im Schnittpunkt von Medizin, Physik, Chemie und Biologie ein eigener Fachbereich der Umweltmedizin entstanden, der sich weiter differenziert.