Ökologisch Sanieren oder Abriss und Neubau?

Beitragsbild: Sanierung und Erweiterung Reihenendhaus München-Feldmoching
vor und nach der Sanierung

Deutschland ist eines der am dichtesten besiedelten Länder Europas, freie Grundstücke für Neubauten sind insbesondere in Ballungsgebieten rar, so dass der Sanierung des Gebäudebestandes eine zunehmend wichtigere Aufgabe zukommt. Sowohl Eigentümer wie Käufer älterer Immobilien planen häufig eine Gebäudesanierung, um z.B. Gestaltung, Grundriss, Komfort, Sicherheit, Energieeinsparung und technische Ausrüstung an ihre Bedürfnisse anzupassen. Auch ökologische Belange spielen immer häufiger eine Rolle. Oft stellt sich dabei die Frage: „Lohnt sich eine Sanierung, oder ist evtl. ein Abriss, verbunden mit einem Neubau, die bessere und kostengünstigere Alternative?“.

 

Rechtzeitige Beratung vom Fachmann sinnvoll

Die Beantwortung dieser Frage setzt einiges Fachwissen voraus, da gerade Laien häufig die Sanierungskosten unterschätzen und nach Kauf eines „günstigen“ Altbaus teure Überraschungen erleben bzw. ihre Vorstellungen vom zukünftigen Traumhaus aus Kostengründen deutlich zurückschrauben müssen. Dennoch ist eine Sanierung oft die kostengünstigere und meist auch ressourcenschonendere Variante gegenüber einem Neubau.
Die Unterstützung durch einen Fachmann, der die Wünsche mit den technischen und finanziellen Möglichkeiten rechtzeitig, d.h. vor Maßnahmenbeginn, abstimmt, ist jedoch bei der Sanierung noch mehr als bei einem Neubau unabdingbar und sollte, falls möglich, vor einem Kauf erfolgen.
Aufgrund der Vielzahl der Themen ist für eine solche Unterstützung in der Regel ein erfahrener Architekt oder Ingenieur hilfreich, der verschiedene Möglichkeiten mit ihren Kosten gegeneinander abwägen und dem Bauherren verdeutlichen kann, und dabei auch baurechtliche Gesichtspunkte, die Berücksichtigung technischer Normen oder auch baubiologischer Fragen , wie z.B. Schimmelbildung, nicht außer Acht lässt. Zu schnell kann eine scheinbar kostengünstige Sanierung zu Mängeln und teuren Folgekosten führen, oder gar ein nicht genehmigter Umbau einen Rückbau nötig machen.

Größere strukturelle Veränderungen nicht empfehlenswert

Eine Sanierung kommt vor allem dann in Betracht, wenn den Wünschen an das zukünftige Gebäude keine strukturellen Eigenschaften des vorhandenen Gebäudes, wie zum Beispiel die Ausrichtung des Gebäudes, die Raumhöhen, die Lage der Treppe entgegenstehen. Je mehr Veränderungen an einem Gebäude, und hier insbesondere am Rohbau und statisch relevanten Bauteilen, erforderlich werden, desto eher können die Sanierungskosten die Neubaukosten übersteigen und eine verlängerte Bauzeit bedingen.
Kann man sich mit dem Keller, den Raumhöhen und der Grundrissorganisation anfreunden und möchte Veränderungen vor allem im Innenausbau durchführen, ist eine Sanierung zu empfehlen. Auch kleinere Veränderungen am Grundriss, an der Fassade etc. stehen dem nicht entgegen, so lange die Statik nicht stärker betroffen ist.
Die Sanierungsmaßnahmen können dabei in drei Kategorien eingeteilt werden. Die Gebäudehülle, die meist auf einen energetisch akzeptablen Stand gebracht und gestalterische Bedürfnisse des Bauherren erfüllen soll, der Innenausbau, bei dem z.B. neue Bäder und neue Böden eine Rolle spielen, und die Haustechnik, etwa mit neuer Elektroinstallation und neuer Heizung.

Ressourcenschonend Bauen

Was unterscheidet aber eine „ökologische“ Sanierung von einer „normalen“ Sanierung? Ökologie als „Lehre vom Haushalt der Natur“ wird im Zusammenhang mit dem Bauen als umwelt- und ressourcenschonendes Haushalten verstanden, d.h. es sollten mit einer Baumaßnahme möglichst geringe Umwelteinwirkungen verbunden sein. Bereits aus dieser Perspektive ist einer Sanierung im Vergleich zu Abriss und Neubau der Vorzug zu geben, da Vorhandenes weiter genutzt wird. Dies bedeutet, dass bei der Sanierungsplanung genau wie bei der Neubauplanung auf eine größtmögliche Dauerhaftigkeit geachtet werden sollte. Hierzu gehören ein möglichst flexibler Grundriss, damit das Haus z.B. im Alter weiter nutzbar, oder später in mehrere Einheiten teilbar ist, solide Materialien und eine hochwertige und mängelfreie Bauausführung. Weiter ergibt sich aus dem ökologischen Ansatz, dass über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes, also bei Herstellung, Betrieb und Entsorgung, möglichst wenig Energie verbraucht werden soll, möglichst wenige Schadstoffe freigesetzt werden und möglichst wenig störende Effekte vom Gebäude ausgehen sollen.

 

Beispiel

Wenden wir uns einem Beispiel, einem Siedlungshäuschen aus den 30er Jahren in einem Ballungsgebiet, zu. Der Keller ist einigermaßen trocken, jedoch nicht sonderlich hoch, die Außenwände sind dünn mit wenigen Fenstern, das teilausgebaute Dach ist praktisch ungedämmt, die Räume sind klein und werden auch von der Anordnung kaum den heutigen Ansprüchen gerecht. Die meisten Fenster wurden ebenso wie die Heizung in den 70er Jahren erneuert. Bei den Fenstern handelt es sich um Holz-Verbundfenster ohne Dichtungen, bei der Heizung um einen Ölkessel – die Heizkosten liegen bei rund € 1.500 pro Jahr.
Klar ist, dass der neue Eigentümer mehr Flächen benötigt als vorhanden sind, also das Gebäude erweitert werden, der Energieverbrauch gesenkt und man nach Möglichkeit unabhängig vom Öl werden soll. Ein Anbau mit Bestandssanierung wird angestrebt, in dem eine Wohnraumerweiterung im Erdgeschoss und ein großzügiges Schlafzimmer im Dachgeschoss untergebracht werden sollen.
Da der Keller nicht wirklich trocken ist, eine Trockenlegung jedoch zu aufwändig ist, wird entschieden, auch den Anbau zu unterkellern, um wenigstens einen trockenen Kellerraum zu haben. Der Anbau soll in Holzbauweise erstellt werden, da man so eine kurze Bauzeit mit guten Dämmeigenschaften und nachhaltigen und gesunden Materialien kombinieren kann.
Das Dach wird neu gedämmt, die Dachbalken werden verstärkt, eine Holzweichfaserdämmung mit ca. 30cm Gesamtstärke eingebaut. Da die vorhandenen Verbundfenster, anders als etwa ältere Isolierglasfenster, kaum energetisch auf Stand zu bringen sind und auch einige Fenstergrößen, insbesondere nach Süden zum Garten hin, verändert werden sollen, werden die Fenster gegen dreifach verglaste Holzfenster ausgetauscht. Anschließend werden die Außenwände mit 20cm starken Holzweichfaserplatten gedämmt und verputzt. Die Kellerdecke wird trotz Verlusts an Raumhöhe mit 8cm feuchtebeständigem Kork von unten gedämmt.
Im Bestand werden einige Innenwände verändert, um einen großzügigeren Grundriss zu gewährleisten. Neue Innenwände werden anschließend als mit Gipsplatten beplankte Holzständerwände ausgeführt. Im Erdgeschoss gibt es nun ein Arbeits- und Gästezimmer, ein großzügiges und barrierefreies Duschbad und eine abtrennbare Küche, die sich zum neuen Wohnraum Richtung Garten orientiert. Im Dachgeschoss finden sich ein großzügiges Bad mit Dachfenster, zwei Kinderzimmer und ein großes Elternschlafzimmer. Die Böden wurden großteils erneuert und bestehen nun aus Lärchendielen auf einem gedämmten Trockenaufbau.
Auf dem Dach gibt es eine Solaranlage, die einen Großteil des deutlich gesunkenen Energiebedarfs deckt, zusätzliche Energie wird durch einen wassergeführten Wohnraumofen bereit gestellt, der nur an kalten Tagen benötigt wird. Die Wärme wird physiologisch effektiv über eine Wandheizung im Haus verteilt, dezentrale Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung sorgen für einen hygienischen und energiesparenden Luftaustausch. Die erneuerte Elektroinstallation ist zur Reduktion elektrischer Felder abgeschirmt.
Durch die Maßnahme konnte der Energieverbrauch um 80% gesenkt werden. Die Kosten für die Sanierung von rund 120m² Wohnfläche und den Anbau mit weiteren 50m² lagen schließlich bei rund € 200.000. Über die KfW-Bank konnte für einen Teil der Maßnahmen ein sehr günstiger Kredit mit Tilgungszuschuss bezogen werden, vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erhielten die Bauherren einen weiteren Zuschuss.